Veröffentlicht am 18.10.2012

Ramiza soll bleiben! Schulklasse gegen Abschiebung von Mitschülerin

Pressemitteilung vom 18. Oktober 2012

Schulklasse aktiv gegen Abschiebung von Mitschülerin / Flüchtlingsrat Berlin fordert Bleiberecht für hier lebende Roma aus Ex-Jugoslawien / Deutschland hat historische Verantwortung


Ramiza M. wurde 1998 in Berlin geboren und wuchs bei ihren Großeltern auf. Auf Druck der Ausländerbehörde reiste die Familie nach Serbien aus, als Ramiza sechs Jahre alt war. Als Angehörige der Roma-Minderheit lebten sie unter schwierigsten Bedingungen, ohne feste Wohnung und ohne Zugang zu medizinischer Versorgung. Ramiza konnte nicht an einer Schule angemeldet werden, mit 12 Jahren war sie immer noch Analphabetin.

2010 kehrten Ramiza und ihre Großmutter zurück nach Berlin, nachdem Ramiza aufgrund der fehlenden Gesundheitsversorgung in Serbien immer kränker geworden war. Seither besucht sie die Hemingway-Sekundarschule in Berlin-Mitte, wo sie lesen und schreiben lernte und fest in den Klassenverbund integriert ist. Doch Ramiza und ihre Großmutter haben keine Aufenthaltserlaubnis, ihr Asylantrag wurde abgelehnt. Jetzt plant die Ausländerbehörde die Abschiebung.

Dagegen wehren sich Ramizas KlassenkameradInnen. Sie fordern ein Bleiberecht für Ramiza und ihre Großmutter und haben einen Brief an den Innensenator verfasst, der in Kürze übergeben werden soll. Darin heißt es:
„Ramiza ist eine sehr nette und hilfsbereite Schülerin. Wir haben sie sehr ins Herz geschlossen. Es wäre furchtbar, wenn Sie wieder in ein Land zurück muss, in dem sie ausgegrenzt wird, und nicht die gleichen Chancen bekommt wie andere.“

Auch der Flüchtlingsrat Berlin setzt sich für den Verbleib von Ramiza und ihrer Großmutter in Berlin ein, die faktische Inländerinnen geworden sind. Darüber hinaus verweist der Rat auf die historische Verantwortung Deutschlands gegenüber Angehörigen der Roma-Minderheit.

Am 24. Oktober 2012 soll am Bundestag das Mahnmal zum Gedenken an die in der Nazizeit – auch in Serbien – ermordeten Sinti und Roma eröffnet werden. Gleichzeitig sind in Deutschland tausende Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien von Abschiebung ins Elend bedroht. „Es reicht nicht aus, Denkmäler einzuweihen. Aus den Verbrechen der Vergangenheit ergibt sich auch eine Verantwortung zum Handeln in der Gegenwart“, sagt Martina Mauer vom Flüchtlingsrat Berlin. „Wir fordern ein humanitäres Bleiberecht für hier lebenden Roma aus den Balkan-Staaten aufgrund der historischen Verantwortung, wie es auch jüdischen EmigrantInnen aus der ehemaligen Sowjetunion gewährt wurde.“

Das Theater Heidelberg zeigt am 21. Oktober 2012 im „GRIPS Podewil“ das Gastspiel Elses Geschichte über die Deportation eines Roma Mädchens ins Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau. Im Anschluss wird Ramiza mit ihren MitschülerInnen und dem Flüchtlingsrat Berlin auf die aktuelle Situation von Roma in Deutschland aufmerksam machen (siehe www.grips-theater.de/reroute?page=repertoire.else).

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030 / 24344 57 62

Hintergrundinformationen

Infolge der Kriege im ehemaligen Jugoslawien sind in den 90er Jahren zahlreiche Roma nach Deutschland geflohen. Viele von Ihnen wurden zur „freiwilligen“ Ausreise gedrängt – auch wenn ihre Kinder in Deutschland geboren und sozialisiert worden waren.

Weil sie in den Balkanstaaten häufig ohne jegliche Perspektive leben und massiven Diskriminie-rungen ausgesetzt sind, kehren viele als Asylsuchende zurück. Wegen der gestiegenen Zahl der Asylanträge von Angehörigen der Roma-Minderheit aus den Balkanstaaten macht die Bundesregierung nun öffentlich Stimmung gegen angeblichen „Asylmissbrauch“ und fordert die Wiedereinführung der Visumspflicht für die EU-Beitrittskandidaten Serbien und Mazedonien.

In einer gemeinsamen Pressemitteilung vom 15.10.2012 fordern zahlreiche Organisationen, darunter der Flüchtlingsrat Berlin „Schluss mit der rassistischen Hetze gegen Asylbewerber aus Serbien und Mazedonien!“





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