Veröffentlicht am 13.05.2005

Kinderrechte auf dem Abstellgleis

Ausländerbehörde trennt alleinerziehende Mutter von ihren Kindern
Pressemitteilung vom 13. Mai 2005


Die Berliner Ausländerbehörde hat bei der Durchführung ausländerrechtlicher Zwangsmaßnahmen erneut die Rechte von Kindern grob missachtet.

(Vgl. Presseerklärung des Flüchtlingsrates vom 18.02.2005:
Berliner Ausländerbehörde trennt Mutter von ihren Kindern
)

Am 26. April 2005 wurde die alleinerziehende Mutter Sawsan B. (Staatsangehörige des Libanon) von ihren drei minderjährigen Kindern (3, 5, und 7 Jahre) gewaltsam bei der Vorsprache auf der Ausländerbehörde getrennt. Sie befindet sich seitdem im Abschiebungsgewahrsam, ihre Kinder wurden vom Kindernotdienst aufgenommen. Nach Auskunft des Kindernotdienstes leiden die Kinder erheblich unter der Trennung von ihrer Mutter. Ein Kind erkrankte zwei Wochen nach der Aufnahme in den Kindernotdienst und musste stationär behandelt werden.

Die geltende Weisung der Senatsverwaltung für Inneres zur Durchführung der Abschiebungshaft sieht nur in Ausnahmefüllen die Trennung von alleinerziehenden Elternteilen von ihren Kindern (vor Vollendung des 7. Lebensjahres) vor. Im Fall von Sawsan B. beruft sich die Ausländerbehörde auf gemachte angeblich falsche Angaben zu ihrer Identität. Nach Informationen des Flüchtlingsrates ergeben sich die festgestellten Namensunterschiede aus der Annahme des Geburtsnamens von Frau B. nach der Scheidung von ihrem Ehemann.

Ungeachtet dessen hat aus Sicht des Flüchtlingsrates die Ausländerbehörde sich prinzipiell vom Kindeswohl leiten zu lassen. Die Trennung von Sawsan B. von ihren Kindern widerspricht diesem Prinzip in eklatanter Weise. Gleiches gilt für den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Durchführung ausländerrechtlicher Zwangsmaßnahmen. Da Frau B. mit ihren Kindern freiwillig auf der Ausländerbehörde vorsprach, ist nicht erkennbar, auf welcher Grundlage die Haftanordnung erfolgen konnte.

Das Vorgehen der Ausländerbehörde wurde von der Senatsverwaltung für Inneres gebilligt. Sie sollte aber dafür Sorge tragen, dass bei der Umsetzung der geltenden Weisung zur Vermeidung von Abschiebungshaft nicht die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen wie im vorliegenden Fall verletzt werden. Der Flüchtlingsrat fordert die Senatsverwaltung auf, sofort die Entlassung von Frau B. zu veranlassen.

Die Beschlüsse des Abgeordnetenhauses von 2001 zur Vermeidung von Abschiebungshaft sind großzügig umzusetzen, d.h. auf die Inhaftierung von Alleinerziehenden, Minderjährigen und Schwangeren und weiteren besonders schutzbedürftigen Personen sollte prinzipiell verzichtet werden.

Die letzten aktuellen Ereignisse wie der Hungerstreik von derzeit 10 Insassen im Abschiebungsgewahrsam machen zudem deutlich, dass die lange Haftdauer und die für die Betroffenen nicht transparenten Entscheidungen der Ausländerbehörde zu einer angespannten Situation im Abschiebungsgewahrsamt geführt haben.

Für den Flüchtlingsrat haben die in der Vergangenheit oft beschworenen Reformbemühungen in der Ausländerbehörde und der Abschiebungshaft bisher kaum eine praktische Wirkung entfaltet.

Flüchtlingsrat Berlin
Berlin, 13.05.2005





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