26.07.2017: Berlins Ausländerbehörde verhindert weiterhin hartnäckig die Integration Geflüchteter

Niedersachsens Innenminister zeigt jetzt wie es geht


Unter dem Hinweis auf die Rechtslage hat das Niedersächsische Innenministerium mit Erlass vom 5. Juli 2017 die Kommunen angewiesen, anerkannten Geflüchteten unverzüglich die ihnen zustehende Aufenthaltserlaubnisse auszustellen:

„Die Ausländerbehörden sind nicht berechtigt, im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis die Anerkennungsentscheidung des Bundesamtes auf ihre Richtigkeit – auch nicht hinsichtlich der im Anerkennungsbescheid angegebenen Personalien bzw. Identitäten – zu überprüfen und den anerkannten Schutzberechtigten das ihnen gesetzlich zustehenden Aufenthaltsrecht vorzuenthalten. Bestehende Zweifel und – auch später auftretende – Unstimmigkeiten sind gleichwohl, unabhängig von der erfolgten Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, unverzüglich an das zuständige Bundesamt weiterzugeben. Nur in Fällen einer offensichtlichen Unrichtigkeit der Entscheidung des Bundesamtes ist dieses über das Vorliegen Ihrer Erkenntnisse vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis mit dem Hinweis zu unterrichten, dass – soweit keine Aufhebung der Entscheidung binnen zweier Wochen erfolge – eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werde.“

Auch in Niedersachsen gab es einzelne Kommunen, die ebenso wie Berlin den anerkannten Geflüchteten die Aufenthaltstitel verweigern wollten. Das wurde jetzt gestoppt. Berlins Innensenator billigt hingegen – bezeichnenderweise ohne jede Angabe einer Rechtsgrundlage – lediglich aus „vielfältigen Gründen“ die Verweigerung der Aufenthaltserlaubnisse

Die Praxis der Berliner Ausländerbehörde, nach einer Flüchtlingsanerkennung des BAMF über viele Monate hinweg nur auf Kopfbogen der Ausländerbehörde eine Bescheinigung über den erlaubten Aufenthalt auszustellen, um im Anschluss an das Asylverfahren eine erneute monatelange Prüfung von Identität und Dokumenten durchzuführen, ist rechtswidrig. Aus der Sicht des Flüchtlingsrats wäre es sehr hilfreich, wenn auch Berlins Innensenator die Ausländerbehörde anweisen würde, sich rechtskonform zu verhalten, und die Integration der anerkannten Geflüchteten nicht weiter zu verweigern.

Bis dahin können die vom Flüchtlingsrat Berlin erstellten Muster Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis und Klage auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis  verwendet werden.

Hinweise:
Das Muster-Formular für Klage auf Erteilung eines eAT ist kein Muster für Eilanträge, weil die Begründung von dem individuellen Fall abhängt, zB. dringende Auslandsreise mit Zettel-Bescheinigung nicht möglich, usw. Da es sich um ein Klageverfahren außerhalb des Asylverfahrens handelt, können Gerichtskosten anfallen. Wir gehen jedoch davon aus, dass die Klagen Erfolg haben und für die Kläger keine Kosten anfallen. Die Anträge können ohne eine Anwältin gestellt gewerden. Der Flüchtlingsrat unterstützt aber auch gern bei der Suche nach einem Rechtsanwalt/ einer Rechtsanwältin (ggf. wird ein Beratungshilfeschein vorab benötigt!). In der Praxis wird die Aufenthaltserlaubnis umgehend erteilt, sobald eine AnwältIn dies bei der Ausländerbehörde einfordert, weil die Behörde sehr wohl weiß, dass sie rechtswidrig handelt und Angst hat, dass das Verwaltungsgericht ihr Rechtsauffassung für falsch erklärt.

Hintergrund:
Die Ausländerbehörde Berlin stellt 15 Monate gültige, frei erfundene Fiktionsbescheinigungen Format DIN A4 aus.
Auch das LAF stellt „in Amtshilfe“ Fiktionsbescheinigungen im DIN A4 Format auf Kopfbogen der Ausländerbehörde aus.

Die Integration in allen gesellschaftlichen Bereichen wie Arbeit, Wohnung, Bildung wird durch die Praxis der Ausländerbehörde umfassend behindert, siehe bereits die Pressemitteilung des Flüchtlingsrates vom 7 März 2017:

Der Anerkennungsbescheid des BAMF ist für die Ausländerbehörde bindend. Zu den Aufgaben des BAMF gehört es, im Rahmen des Asylverfahrens die Angaben der Geflüchteten zur Identität auf Plausibilität zu prüfen und ggf. vorgelegte Dokumente auf Echtheit zu prüfen. Wenn der Asylbescheid des BAMF (oder eine entsprechende Entscheidung des Gerichts) vorliegt, dann muss die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis und den Flüchtlingspass gemäß § 25 Abs. 1 und 2 AufenthG zwingend ausstellen, es besteht kein Ermessen. Eine zusätzliche Identitätsprüfung durch die Ausländerbehörde ist unzulässig, § 5 Abs. 3 AufenthG. Ggf. kann die Ausländerbehörde das Ausweisdokument mit einem Hinweis versehen, dass die Angaben zur Identität auf Ihren eigenen Angaben beruhen.

Dass der Aufenthaltstitel und der Flüchtlingspass bzw. Reiseausweis umgehend auszustellen sind, ergibt sich auch aus in Deutschland verbindlich geltenden  internationalen Rechtsvorschriften: Art. 24 und 25 der EU-Qualifikationsrichtlinie sowie aus Art. 27 und 28 Genfer Flüchtlingskonvention.





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