Veröffentlicht am 17.12.2012

Weg mit den Passierscheingebühren der Ausländerbehörde, weg mit der Residenzpflicht!

Pressemitteilung vom 17. Dezember 2012

Dienstag, 18. Dezember: Verhandlung gegen rechtswidrige Gebührenerhebung am VG Berlin


Nachtrag: Der Flüchtling hatte mit seiner Klage Erfolg! Das Verwaltungsgericht Berlin hat mit Urteil VG 19 K 144.12 v. 18.12.2012 die Gebühr von 10 € für die Bescheinigung über die Reiseerlaubnis für den geduldeten Flüchtling („Urlaubsschein“) für rechtswidrig erklärt. § 47 I Nr. 9 AufenthV sei nicht einschlägig, denn der von der Behörde zu wählende für den Betroffenen günstigere Weg sei ein gebührenfreier schriftlicher Bescheid gemäß § 37 Abs 1 Satz 2 VwVfG oder eine Bestätigung nach § 37 Abs 2 Satz 2 VwVfG. Die Ausländerbehörde Berlin will jedoch gegen das Urteil Berufung einlegen.
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Weg mit den Passierscheingebühren der Berliner Ausländerbehörde, weg mit der Residenzpflicht für Flüchtlinge!

Dienstag, 18. Dezember: Verhandlung gegen rechtswidrige Gebührenerhebung am VG Berlin

Die Bewegungsfreiheit asylsuchender und geduldeter Flüchtlinge ist durch die Residenzpflicht stark eingeschränkt. Möchten sie den zugewiesenen Landkreis oder das Bundesland verlassen, müssen sie bei der Ausländerbehörde nicht nur eine Erlaubnis einholen, sondern in einigen Bundesländern auch noch eine Gebühr für die Verlassenserlaubnis bezahlen. Die schikanöse behördliche Praxis in Berlin erinnert an die Passierscheinverfahren der ehemaligen DDR.

Gegen die Gebühren hat ein Flüchtling aus Berlin Klage eingereicht. Die mündliche Verhandlung findet statt am Dienstag, 10.00 Uhr, im Verwaltungsgericht Berlin, 19. Kammer, Kirchstraße 7, 10557 Berlin.

Bereits im Oktober 2011 hat das OVG Magdeburg festgestellt, dass die Gebühren für eine Verlassenserlaubnis rechtswidrig sind. In einigen Bundesländern wurde die Gebühr nie erhoben, andere verzichten seit dem OVG-Urteil darauf – nicht jedoch Berlin. Hier müssen geduldete Flüchtlinge immer noch 10 Euro zahlen, wenn sie Verwandte in Hamburg besuchen wollen oder Freunde in Magdeburg. Denn die Berliner Innenverwaltung hat ihre ganz eigene Interpretation der Gebührenerhebung: Demnach ist auch in Berlin die Verlassenserlaubnis kostenfrei, wenn sie mündlich erteilt wird. Möchte der Antragsteller jedoch eine schriftliche Bescheinigung, den soge-nannten Urlaubsschein, kostet dies 10 Euro.

In der Antwort auf eine parlamentarische Anfrage schreibt Innensenator Frank Henkel: „Anderen Behörden und der Polizei dürfte bekannt sein, dass Verlassenserlaubnisse in Berlin praktisch ausnahmslos erteilt werden. Das Fehlen einer Bescheinigung über die erteilte Verlassenserlaubnis stellt weder eine Ordnungswidrigkeit noch eine Straftat dar. Möchte der/die Betroffene, die erteilte Verlassenserlaubnis gegenüber Polizeibehörden oder anderen Stellen dokumentieren, so ist der/die Betroffene nach Auffassung des Senats für diesen Aufwand zu Recht gebührenpflichtig.“

Dass es für die Betroffenen sehr unangenehme Konsequenzen hat, wenn sie bei einer Polizeikontrolle außerhalb Berlins keine Verlassenserlaubnis vorlegen können, und dass daher immer eine schriftliche Bescheinigung nötig ist, lässt die zynische Antwort des Innensenators bewusst außer Acht.

Martina Mauer, Sprecherin des Flüchtlingsrats Berlin kommentiert: „Der Innensenator scheint an Realitätsverlust zu leiden, wenn er annimmt, dass Polizeibehörden bundesweit aufgrund der Erteilungspraxis der Berliner Ausländerbehörde auf Überprüfungen verzichten würden. Schließlich vermerkt die Ausländerbehörde regelmäßig im Ausweisdokument, dass es dem Flüchtling unter-sagt ist, das Land Berlin – und ggf. Brandenburg – zu verlassen. Die Residenzpflicht ist eine durch nichts zu rechtfertigende Einschränkung des Menschenrechts auf Freizügigkeit und eine Verletzung der Menschenwürde. Durch die behördlichen Gebühren werden die Betroffenen be-wusst schikaniert und davon abgehalten, ihr Recht auf Mobilität wahrzunehmen.“

Bundesweit protestieren Flüchtlinge seit Monaten gegen die Residenzpflicht. Im Bundestag stand das Thema in den letzten Wochen wiederholt auf der Tagesordnung. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer stellt die Frage, ob die Residenzpflicht noch zeitgemäß ist. Auch Bundespräsident Gauck äußerte Zweifel am Sinn der Residenzpflicht. Statt mit spitzfindigen Argumentationen die schikanöse Gebührenerhebung zu verteidigen, sollte sich der Berliner Se-nat auf Bundesebene für die endgültige Abschaffung der Residenzpflicht einsetzen.

Pressekontakt: Flüchtlingsrat Berlin, Tel: 030/24344 57 62

Urteil des OVG Magdeburg vom 26.10.2011 – 2 L 44/10 – zu den Gebühren: www.residenzpflicht.info/wp-content/uploads/2009/11/OVG-LSA.pdf
Antwort des Berliner Innensenators am 5. Juni 2012 auf Kleine Anfrage Fraktion DIE LINKE im Abgeordnetenhaus,
Drs. 17/10505, www.parlament-berlin.de:8080/starweb/adis/citat/VT/17/KlAnfr/ka17-10505.pdf

Weitere Informationen zur Gebühr für Verlassenserlaubnisse: www.residenzpflicht.info/rechtshilfe/gebuhren





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