Veröffentlicht am 31.01.2007

Bilanz der Berliner Härtefallkommission 2006

Humanitären Gründen künftig mehr Beachtung schenken

Presseerklärung vom 31. Januar 2007


Dem Flüchtlingsrat Berlin liegt die aktuelle Umsetzungsstatistik 2006 der Härtefallkommission der Senatsverwaltung für Inneres vor. Demnach wurden im letzten Jahr in der Härtefallkommission 403 Fälle (1 Fall betrifft mehrere Personen) beraten. 2005 wurde über 430 Fälle entschieden. Von den Mitgliedern der Kommission wurden 273 Ersuchen nach der Härtefallregelung gestellt. In 157 Fällen wurde diesen durch den Innensenator, Dr. Ehrhart Körting, statt gegeben, d. h. die Betroffenen konnten eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Damit dürften in Berlin wieder bundesweit die meisten Aufenthaltserlaubnisse auf der Grundlage der ausländerrechtlichen Härtefallregelung erteilt worden sein. Dies ist vor allem dem Engagement und dem persönlichen Einsatz der Mitglieder der Härtefallkommission für die betroffenen Flüchtlinge geschuldet.

Es bleibt allerdings auch festzustellen, dass der Innensenator in 116 Fällen den Ersuchen nicht Folge leistete. Damit liegt die Quote der Ablehnungen mit 42% höher als 2005 (104 Ablehnungen von 291 Ersuchen, 36 %). Aus Sicht des Flüchtlingsrates liegen die Gründe für die Ablehnungen des Innensenators in dessen starker Bewertung einer möglichen Unabhängigkeit von Sozialleistungen der betroffenen Flüchtlinge. Alte oder Kranke, die weiter auf soziale Hilfen angewiesen sein werden, haben in der Regel keine Chance auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen. So wurde im Frühjahr letzten Jahres das ältere Ehepaar R. in den Kosovo (bei medizinischer Begleitung) abgeschoben, da ihre Kinder noch nicht ausreichend für alle finanziellen Verpflichtungen in Deutschland aufkommen konnten.

Diese Orientierung an der Leistungsfähigkeit der Flüchtlinge wird dem Anliegen der Härtefallkommission nicht gerecht. Diese sollte gerade in humanitären Härtefallen Entscheidungen zugunsten der Betroffenen – unabhängig vom Bezug von Sozialleistungen – treffen. Die Härtefallkommission ist kein Instrument zur Steuerung der Einwanderung und sollte daher unabhängig vom Grundgedanken des Zuwanderungsgesetzes Entscheidungen treffen können.

Für die Gruppe der alten, kranken und erwerbsunfähigen Personen bietet auch die derzeitige Bleiberechtsregelung keine Perspektive. Der Beschluss der Innenminister vom November 2006 schließt diese faktisch von einem Bleiberecht aus, da dieses an eine Verpflichtungserklärung (inkl. Krankenversicherung) gekoppelt ist.

Angesichts dessen sollte der Innensenator bei seinen Entscheidungen über die Ersuchen der Härtefallkommission künftig sich mehr von humanitären Erwägungen leiten lassen, d.h. auch „leistungsschwachen“ Flüchtlingen ein Aufenthaltsrecht aus humanitären Gründen ermöglichen.

Nicht akzeptabel sind aus Sicht des Flüchtlingsrates Entscheidungen des Innensenators, die bei ausländerrechtlichen Verstößen eines Elternteiles zum Ausschluss der gesamten Familie einschließlich der Kinder von der Härtefallregelung oder zur Trennung von Familienangehörigen führen.

Flüchtlingsrat Berlin; 31. Januar 2007

Für Auskünfte stehen zur Verfügung:
Traudl Vorbrodt; Tel.: 0178/ 365 51 69
Jens-Uwe Thomas; Tel.: 24344-5762

Statistik der Senatsverwaltung für Inneres (PDF-Datei)





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