Veröffentlicht am 20.09.2003

Integrieren statt Ignorieren!

Presseerklärung zum Weltkindertag am 20. September 2003

PRO ASYL und Flüchtlingsrat Berlin fordern die Bundesregierung auf, die Rechte der Flüchtlingskinder vorbehaltlos anzuerkennen.


Aus Anlass des Weltkindertages am 20. September 2003 fordern PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin die Bundesregierung erneut auf, die UN-Kinderrechtskonvention vorbehaltlos umzusetzen. Bereits zum Weltkindertag im Jahr 2000 reichte PRO ASYL eine Petition zur Rücknahme des deutschen Vorbehaltes zur UN-Kinderrechtskonvention und zur Umsetzung ihrer Bestimmungen im deutschen Ausländer- und Asylrecht ein, die im September 2001 im Petitionsausschuss in allen Punkten befürwortet und mit höchster Dringlichkeit zur Umsetzung an die Bundesregierung weitergeleitet wurde. Ungeachtet seiner Handlungs- und Umsetzungsverpflichtung schiebt aber der Bundesinnenminister die Verantwortung für den weiter bestehenden Vorbehalt den Bundesländern zu. Gleichzeitig setzt er auf europäischer Ebene die restriktiven deutschen Standards durch, die den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention diametral zuwiderlaufen, z.B. sieht die Aufnahmerichtlinie die „Asylmündigkeit“ von Kindern mit 16 Jahren vor.

PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Berlin sehen die Bundesregierung in der Pflicht, dem Auftrag des Parlamentes nachzukommen. Die im Fall einer Rücknahme des Ausländervorbehaltes entstehende Anpassung an das innerstaatliche Recht berührt allein die ausschließliche oder konkurrierende Gesetzgebung des Bundes. Die Rot-Grüne Koalition kann hierbei auf die in der aktuellen Koalitionsvereinbarung festgehaltenen Willensbekundung zur Achtung der UN-Kinderrechtskonvention aufbauen.

In der Praxis führt die Aufrechterhaltung des Vorbehaltes dazu, dass internationale Standards für die Flüchtlingskinder immer noch nicht gelten. Sie werden mit 16 Jahren verfahrensmündig und unterliegen mit ihren Familien dem restriktiven Asylbewerberleistungsgesetz sowie einem faktischen Ausbildungs- und Arbeitsverbot. Sie können in Abschiebungshaft genommen und ohne Begleitung abgeschoben werden. In Berlin gab es z.B. in der Vergangenheit mehrere Fälle von Inhaftierungen minderjähriger Flüchtlinge, die kurz nach ihrer Einreise festgenommen und in Abschiebungsgewahrsam verbracht wurden. Die Aufrechterhaltung des genannten Vorbehaltes widerspricht grundlegend den Artikels 2 und 3 der UN-Kinderrechtskonvention , in denen ein Nichtdiskriminierungsgebot und der Vorrang des Kinderwohls festgelegt sind.

PRO ASYL und dem Flüchtlingsrat Berlin sind viele Beispiele von jungen Flüchtlingen bekannt, die als Kinder allein oder mit ihren Eltern fliehen mussten und seither in Deutschland nur geduldet werden. Nach erfolgreichem Abschluss der Schule stoßen sie an die engen Grenzen der ausländerrechtlichen Auflagen, die die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums erheblich erschweren.

Deshalb setzt sich sowohl auf Bundes- als auch auf Berliner Ebene ein breites Bündnis von Vertreter/innen der Kirchen, Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften sowie von Migranten- und Flüchtlingsorganisationen für eine großzügige Bleiberechtsregelung für Flüchtlinge mit langjährigem Aufenthalt ein. Mit der Annahme einer solchen Regelung würde von Seiten der Bundesregierung und der Länder der bereits vollzogenen Integration der Flüchtlingskinder und ihrer Familien eine rechtliche Entsprechung gegeben werden.

Für diese Forderung gilt der Leitsatz der diesjährigen Interkulturellen Woche: „INTEGRIEREN STATT IGNORIEREN !“

Heiko Kauffmann, PRO ASYL
Jens-Uwe Thomas, Flüchtlingsrat Berlin

Berlin, 18. September 2003





Nach oben scrollen