01.06.2009: Berlin-SXF: AirBerlin/FRONTEX Massenabschiebung nach Vietnam

Abschiebecharter von Berlin-Schönefeld nach Hanoi

Kundgebung Montag 8. Juni, 15 – 17 Uhr
Gegen die Massenabschiebung von Vietnamesen, Flughafen Berlin-Schönefeld, Terminal A.


ACHTUNG: Die Flughafengesellschaft hat diesem Kundgebungsort nicht zugestimmt. Wir treffen uns am Ausgang des S-Bhf. Berlin-Schönefeld, am Übergang zum Flughafen. Es rufen auf:
* BBZ/ Beratungs- und Betreuungszentrum für Junge Flüchtlinge und Migranten
* Jugendliche ohne Grenzen (JOG), Berlin/ Brandenburg
* Initiative gegen das Chipkartensystem
* Flüchtlingsrat Berlin
* Flüchtlingsrat Brandenburg

Aktuelle Infos:

Spiegel TV 8. Juni 2009 – Massenabschiebung (Video)
RBB Brandenburg aktuell 8, Juni 2009 (Video)

Tagesspiegel 7. Juni 2009 – Ohne Rückflugticket
Jesuiten Flüchtlingsdienst 8. Juni 2009 – Abschiebemonitoring gefordert
Berliner Zeitung  9. Juni 2009 – Abschiebung im Airbus
TAZ  9. Juni 2009 – Protest gegen Massenabschiebung in Berlin-Schönefeld
Morgenpost 9. Juni 2009 – 104 Vietnamesen haben Berlin verlassen

 

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Im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses informierte Innensenator Körting am 25. Mai über die geplante Massenabschiebung:

– Die Abschiebung wird organisiert von der Bundespolizei (nach Veranlassung der Abschiebungen durch die Länder) und finanziert von der europäischen Grenzschutzagentur FRONTEX. Berlin wird sich beteiligen.
– Voraussichtlich 100 Personen sollen mit dem Flug abgeschoben werden, 80 aus Deutschland und 20 aus Polen.
– In Berliner Abschiebehaft befänden sich 42 Vietnamesen, 34 Männer, 8 Frauen. Bei 27 werde versucht, bei den vietnamesischen Behörden die Voraussetzungen für die Abschiebung zu schaffen. Es lägen noch nicht bei allen die erforderlichen Papiere vor.
– Infos über betroffene Kinder lägen nicht vor, unbegleitete Minderjährige seien nach Auskunft der Bundespolizei nicht darunter.
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Bereits am 3. Juni 2009 kam es zu einer ebenfalls von FRONTEXfinanzierten europäischen Sammelabschiebung von Wien nach Nigeria. Am Bord waren 40 Schubhäftlinge aus ganz Europa (9 aus Österreich) und 120 Begleiter (Polizisten, Ärzte und sogenannte Menschenrechtsorganisationen).

 

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Massenabschiebung mit Air Berlin nach Vietnam

http://de.indymedia.org/2009/04/248297.shtml?c=on#c569632

Flüchtlingsini No borders no nations, Berlin 25.04.2009 12:33 Themen: Antirassismus Repression

In den Tagen vor dem 8. Juni heisst es aufpassen für und auf abschiebebedrohte Flüchtlinge aus Vietnam. Am 8. Juni will die Bundespolizei mehr als 100 Menschen von Berlin nach Hanoi in Vietnam abschieben. Erfahrungemäß werden bei geplanten Abschiebungen die Betroffenen häufig kurz vorher zu einem Termin einbestellt und dann unerwartet zur Abschiebung in Haft genommen. Die Maschine für die Abschiebungen stellt Air Berlin, gechartet wird sie im Auftrag der Bundespolizei von der Firma Air Partner im nordrhein-westfälischen Bergisch Gladbach. Während die abgeschobenen Menschen auf dem Hinflug mit kalten Snacks abgespeist werden, dürfen sich die 60 begleitenden Bundespolizisten auf dem Rückflug den Bauch mit Business Class Catering vollschlagen, sich während ihrer Dienstzeit auf Kosten unserer Steuergelder mit Alk zudröhnen und ihr Bildungsniveau mittels Bild-Zeitung aufpeppen.

Der Abschiebeflug soll am 8. Juni um 17.00 Uhr Ortszeit in Berlin-Schönefeld starten und in Hanoi um 01.25 UTC (= 8.25 Ortszeit ) landen. Der Flug trägt die Flugnummer AB1130. Zuvor gibt es einen Zubringer mit der Flugnummer AB113F um 15.15 Uhr Ortszeit ab Tegel nach Schönefeld. Der Rückflug soll am 10. Juni 2009 von Hanoi kommend um 17.30 Uhr Ortszeit in Berlin-Schönefeld eintreffen.

Durchgeführt wird der Flug von der Fluglinie Air Berlin mit Sitz in Berlin (Telefon 030-3434 1500, Telefax 030-3434 1509, E-Mail  abpresse@airberlin.com). Auftraggeber ist die Bundespolizei bzw. die EU, abgewickelt wird der Abschiebeflug von der Charter-Firma Air Partner, TechnologiePark Haus 56, Friedrich-Ebert-Straße, 51429 Bergisch-Gladbach (Telefon 02204 95050, Telefax 02204 95051, E-Mail  germany@airpartner.com).

Mit dem Flug sollen mehr als 100 vietnamesische Menschen abgeschoben werden. Es sollen auch ganze Familien, also auch Frauen und Kinder abgeschoben werden. Um die zwangsabgeschobenen Menschen unter Kontrolle zu halten, befinden sich 60 Bundespolizisten mit in der Maschine. Während die Abgeschobenen auf dem mehr als zehnstündigen Flug mit ein paar kalten Snacks und Softdrinks abgespeist werden, dürfen es die Bundespolizisten nach getaner „Arbeit“ auf dem Rückflug so richtig krachen lassen. Sie werden mir Business-Class-Spezialitäten gecatered, und bekommen unbegrenzt Alkohol. Ein wenig muss sich so ein Drecksjob über die Zulagen hinaus ja schließlich lohnen. In der Vergangenheit hat es immer wieder Aktionen gegen Abschiebeflüge gegeben, manchmal konnten auch die Abgeschobenen selbst die Flüge durch ihren Widerstand verhindern.

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Der Tagesspiegel 6.5.09
http://www.tagesspiegel.de/berlin/Brandenburg-Fluechtlinge-Massenabschiebung-Schoenefeld;art128,2790214

Massenabschiebung nach Vietnam geplant

Im Juni soll in Schönefeld erstmals nach langer Zeit wieder ein Charterflugzeug mit Flüchtlingen nach Hanoi fliegen. Verbände kritisieren Massenabschiebung.

Von Ferda Ataman
Schönefeld –  Zum ersten Mal seit über zehn Jahren ist eine Sammelabschiebung von Vietnamesen aus der Region geplant. Anfang Juni sollen ausreisepflichtige vietnamesische Staatsangehörige in einer Massenabschiebung von Schönefeld nach Hanoi geflogen werden, bestätigte am Dienstag ein Sprecher der Bundespolizei. Sie koordiniert den Charterflug in einer Air-Berlin-Maschine, in der Vietnamesen aus mehreren Bundesländern sitzen werden. Ihre genaue Zahl sei bisher noch nicht absehbar, sagte die Polizei.

Viele Vietnamesen in Berlin und Brandenburg sind ohne Papiere oder unter falschem Namen eingereist, die Behörden können sie nur abschieben, wenn ihre Herkunft feststeht. Aus diesem Grund seien in den vergangenen Monaten Beamte aus Vietnam in die Hauptstadt gereist, berichten Berliner Flüchtlingsverbände. Sie hätten die illegal eingewanderten Flüchtlinge als Landsleute identifiziert und einigen von ihnen offenbar Papiere ausgestellt. Damit ermöglichen sie ihre Rückführung in die Heimat. Bislang hat die Berliner Innenverwaltung nicht bekannt gegeben, wie viele Menschen davon betroffen sind. Doch von den rund vierzig Vietnamesen, die sich derzeit in Abschiebungsgewahrsam in Köpenick befinden, werden einige Anfang Juni ihre Koffer packen und in die Sondermaschine einsteigen müssen.

Offiziell leben in Berlin und Brandenburg rund 17 000 Vietnamesen. Viele von ihnen sind ehemalige DDR-Vertragsarbeiter und betreiben heute Restaurants und Gemüseläden. Daneben leben hier auch Flüchtlinge aus dem sozialistischen Küstenstaat in Südostasien, Tausende von ihnen als unangemeldete Bootsflüchtlinge, die im Visier der Ausländerbehörde sind. Sammelabschiebungen wie die im Juni gebe es leider immer wieder, allerdings schon lange nicht mehr aus Berlin, sagt Thuy Nonnemann vom Berliner Migrationsrat. Oft bekommen Hilfsorganisationen es gar nicht mit, wenn Flüchtlinge en gros ausgewiesen werden.

Nonnemann, die selbst aus Vietnam stammt, ist Mitglied der Berliner Härtefallkommission, bei der sich nur wenige Vietnamesen melden würden, weil sie kein Deutsch sprechen und keine Papiere haben. Insgesamt seien in den vergangenen vier Jahren rund 4000 Menschen in Berlin abgeschoben worden. Inzwischen seien viele Vietnamesen, die hier erwischt werden, nur auf Durchreise. Ihr Ziel sei inzwischen häufig Skandinavien oder England.

Jens-Uwe Thomas vom Berliner Flüchtlingsrat vermutet, dass viele der Betroffenen von der Sammelabschiebung im Juni noch gar nichts wissen. Auch Martin Stark, Leiter des Jesuitenflüchtlingsdienstes in Berlin, sieht ein Problem darin, dass die Menschen erst kurz vor ihrer erzwungenen Abreise davon erfahren werden.

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Berliner Zeitung 6.5.2009
http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/archiv/.bin/dump.fcgi/2009/0505/berlin/0027/index.html

Sonderflug nach Hanoi ohne Rückkehrticket

Anfang Juni werden mehr als 100 Vietnamesen abgeschoben

Stefan Strauss

Nach vielen Jahren wird es von Berlin aus wieder eine Massenabschiebung nach Vietnam geben. Die Bundespolizei hat dafür eine Maschine der Berliner Fluggesellschaft Air Berlin gechartert. Das Flugzeug soll am 8. Juni vom Flughafen Schönefeld nach Hanoi fliegen. Das bestätigte die Innenverwaltung auf Nachfrage der Berliner Zeitung. Mit der Maschine werden mehr als hundert Vietnamesen in Begleitung von Bundespolizisten vom Flughafen Schönefeld nach Hanoi abgeschoben. Um wie viele Vietnamesen es sich genau handelt und warum sie ausgewiesen werden sollen, darüber gibt die Innenverwaltung nichts bekannt.

Dass die Polizei ein Passagierflugzeug chartert, um Flüchtlinge in ihre Heimatländer zurückzuführen, das hat es in Berlin viele Jahre nicht gegeben. „Das wird der erste Flug nach einer längeren Zeit sein“, sagte ein Sprecher des Bundespolizeipräsidiums in Potsdam zum bevorstehenden Transport. Die Behörde koordiniert den Charterflug nach Hanoi. Auch andere Bundesländer werden abgeschobene Flüchtlinge Anfang Juni nach Berlin bringen und mit der Air-Berlin-Maschine ausfliegen lassen. Bisher starteten Flüge solcher Art meist von Düsseldorf, Frankfurt/Main, München und Hamburg. Häufige Praxis der Ausländerbehörden ist es, kleine Gruppen ausgewiesener Ausländer in offiziellen Flugzeugen in ihre Herkunftsländer auszuweisen.

Thuy Nonnemann kennt viele Vietnamesen, die nicht in Deutschland bleiben durften. Sie gehört zum Migrationsrat Berlin und sitzt in der Berliner Härtefallkommission. Das Gremium setzt sich dafür ein, dass Flüchtlinge ohne Aufenthaltsstatus aus persönlichen und humanitären Gründen vorerst in Deutschland bleiben dürfen. „Oft können wir die Abschiebung jedoch nicht verhindern“, sagt Thuy Nonnemann. Denn die Betroffenen erfüllen nicht die nötigen Kriterien. Sie können kein Deutsch, haben keine Familie in Deutschland, keinen Job und kein eigenes Arbeitseinkommen.

Mit Schleppern nach Deutschland

Oft sind die vietnamesischen Flüchtlinge mit Schlepperbanden über Russland, Polen und Tschechien nach Deutschland gekommen. Sie haben viel Geld dafür bezahlt, nicht selten finanzierte die ganze Familie die gefährliche Flucht über die Grenzen. „Die Flüchtlinge kommen aus ärmlichen Verhältnissen, etwa dem Norden Vietnams, sie wollen sich in Deutschland eine Existenz aufbauen“, sagt Ludger Hillebrand vom Jesuitenflüchtlingsdienst. Die Mitglieder dieses Hilfsdienstes besuchen Inhaftierte im Abschiebegefängnis Grünau und organisieren dort für sie juristische Hilfe von Anwälten. Konkret 80 Flüchtlinge unterstützte der Jesuitenflüchtlingsdienst im vergangenen Jahr, in zwei Drittel aller Fälle erhielten die Betroffenen einen befristeten Aufenthaltsstatus. „Doch viele Flüchtlinge wissen gar nicht, dass sie sich juristisch gegen die Abschiebung wehren können“, sagt Hillebrand.

1 606 Ausländer bewahrte die Härtefallkommission im Zeitraum 2005 bis 2008 vor einer sofortigen Abschiebung. 4 021 Menschen wurden im Laufe dieser vier Jahre aus Berlin abgeschoben. „Oft werden durch die Abschiebung ganze Familien auseinander gerissen“, sagt Hillebrand.

Tamara Hentschel, Geschäftsfüherin des Lichtenberger Vereins Reistrommel kennt auch Fälle, „in denen die Polizei zum Abendbrot in der Familie auftauchte, die Eltern verhaftete und sie sofort abschob.“ Ihre Kinder blieben zurück. Manchmal würden die Betroffenen auch untertauchen und sich verstecken, aus Angst vor der Abschiebung. Etwa 12 000 Vietnamesen sind in Berlin gemeldet, etwa die Hälfte von ihnen lebt in den Bezirken Lichtenberg und Marzahn. Viele waren in den 80er-Jahren als Vertragsarbeiter von der DDR-Regierung ins Land geholt worden. Nach der Wende haben sich die meisten selbstständig gemacht oder sie wurden ausgewiesen.

Der Flüchtlingsrat Berlin verurteilt die geplante Massenabschiebung der Vietnamesen im Juni. „Es muss für alle Flüchtlinge eine Einzelfallprüfung geben, um den Aufenthalt in Deutschland aus humanitären Gründen zu gewähren“, sagt Sprecher Jens-Uwe Thomas.

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